Nee, nee, es ist nicht so, dass ich dort meine große Liebe fand – obwohl vielleicht schon?

Ich arbeite an einer Grundschule in Berlin-Pankow als Schulsozialpädagogin. Toller Job. ich bin dankbar für diesen Job. In der Schulzeit arbeite ichStunden heraus, um dann in den Ferien möglichst nicht soviel arbeiten zu müssen. Im Januar 2020 habe ich dann so einen Rappel bekommen und dachte „Oh man, ich würde so gerne wegfahren, irgendwohin, wo es ein bisschen wenigstens warm ist.“ Das alleine Wegfahren hat sich null blöd angefühlt. Und schon war ich im Netz unterwegs. Es sollte ein Ort sein, wo ich noch nicht war. Ein Ort, der von meiner Vergangenheit unberührt war.  Ja, bei sowas hab ich immer ein wenig eine Macke. Es soll von nichts verseucht sein. Lissabon kristallisierte sich schnell heraus.

Was soll ich sagen… es war toll. Ich habe mich frei gefühlt. Und dieses Gefühl von Freiheit – hui, kaum schreibe ich davon, treibt es mir Tränen in die Augen – ist so magisch. Ich selbst bestimmte, wann ich aufstehe, wann ich esse, wann ich losgehe, wann ich mich ins Bett lege, wieder aufstehe, doch noch kurz liegenbleibe. An jeder Straßenkreuzung gehe ich dort entlang, wo ich langgehen möchte. Ich bleibe stehen, wo ich möchte, weil ich noch ein Pokemon fangen möchte oder einfach, weil ich es kann.

Es war toll im Kontakt mit meinen Lieben zu sein. WhatsApp-Nachrichten zu schicken, alberne Snapchats zu machen und im Herzen mit Menschen, die mir wichtig sind verbunden sein zu können, obwohl ich nicht zu Hause bin.

Doch dann passierte es.

Beim Rückflug schon fing es an. Ein ganz komisches, ungutes Gefühl krabbelte in meinem Inneren hoch. Im Auto auf dem Weg zu meiner Freundin liefen mir die Tränen über die Wangen, so dass ich überlegte, ob ich an die Seite fahre, um keine Gefahr für andere zu sein.

Ich fühlte mich wie eingeschnürt, eingesperrt. Ich hatte noch nie wirklich das Gefühl, wenn ich im Urlaub war oder auf Freizeit mit anderen Menschen, dass ich in dieses „Freizeitloch“ falle. Ich war mir auch nicht sicher, ob es das war. Ich weiß nur, dass ich in Lissabon irgendwie einfach ich war.

Am 06.02.2020 fing es an, dass ich eine extreme innere Angst hatte. Ich bin schon immer jemand der ständig und viel und bei jeder Gelegenheit weint. Das nervt mich wohl selbst am meisten. Ich versuche es anzunehmen. Mal gelingt es mir mehr und mal weniger.

Seit dem Tag kann ich mein Weinen jedenfalls nicht kontrollieren. Ich heule über 20 Mal am Tag. Es kommt einfach über mich. Die Tränen kullern einfach aus meinen Augen heraus. Manchmal weine ich stumm, manchmal mit Schluchzen und aus tiefstem Herzen heraus. Ich fühle mich nicht fähig, arbeiten zu gehen. Seitdem bin ich krankgeschrieben.

 

Heute ist der 09.04.2020. Ich bin immer noch krankgeschrieben. Die Schritte die ich bisher gegangen bin, kannst du hier lesen. Ich habe mich entschieden, meinen Weg öffentlich zu machen, um Menschen, denen es vielleicht genauso geht Mut zu machen, sich auf den Weg zu machen.